Ein mörderischer Lärm – Stollen Gusen


Auf der Suche nach dem Lärm

Im ehemaligen NS-Stollen von Gusen sind heute kaum Geräusche zu hören. Dennoch wissen wir aus Erzählungen, dass die Anlage zur Zeit ihrer Nutzung von einem Höllenlärm erfüllt war. Um der Stummheit des leeren Stollens entgegenzuwirken, macht sich Tatiana Lecomte in ihrem Film auf die Suche nach dem Lärm.

Im Dialog mit dem Zeitzeugen Jean-Jacques Boijentin arbeitet der Geräuschemacher Julien Baissat einzelne Klangebenen aus dem damaligen „ohrenbetäubenden Getöse“ heraus und reproduziert sie. Lecomte zeigt in ihrem Film die Bemühungen der beiden Männer, Erinnerungen in Klänge zu übersetzen und den Erinnerungsprozess selbst mit all dem Lückenhaften, Zögernden, Fragmentarischen, Verzerrten, das ihm inhärent ist, darzustellen.

Der Stollen im oberösterreichischen Gusen wurde während der NS-Zeit von Zwangsarbeitern unter entsetzlichen Arbeitsbedingungen in den Berg getrieben. Bis 1942 war in St. Georgen/Gusen ein Vernichtungslager, in den letzten Kriegsjahren wurde ein Teil der Flugzeugproduktion in den Stollen verlegt. Während das nahe Hauptlager Mauthausen zum Zentrum des Gedenkens wurde, blieb Gusen davon bis vor einigen Jahren weitgehend unberührt.
Nach vielen Jahren der Sanierungs- und Sicherungsarbeiten im Stollen wollte sich die BIG als Eigentümerin auch inhaltlich mit dem ihrem schweren Erbe auseinandersetzen. Da der Stollen nicht permanent zugänglich ist, wurde 2013 ein Wettbewerb für eine filmische Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Geschichte ausgelobt. Von den beiden Siegerprojekten wurde Tatiana Lecomtes Arbeit umgesetzt.