Wettbewerb AHS Klostergasse Wien


Ralo Mayer konnte am 02. Juni 2023 den von der BIG geladenen künstlerischen Wettbewerb für die AHS Klostergasse in Wien für sich entscheiden.

Die Jury begründete die Entscheidung wie folgt:
„Ralo Mayer setzt an zwei für das Schulgeschehen zentralen Orten der Gemeinschaftsbildung Zeichen, die als eine räumlich-zeitliche Klammer Denkräume zwischen Geschichte, Gegenwart und Zukunft erzeugen. Die Offenheit der „Kunst-Begriffe“ fordert mit bemerkenswerter Leichtigkeit individuelle Reflexionsprozesse heraus, die niemals statisch werden. Sie wollen immer wieder neu entziffert sein. Die verwendeten Materialien sind präzise gewählt. Mit der Methode des Upcyclings, bzw. der Wiederverwendung alter Bausubstanz geht der Künstler auf die Geschichte des Hauses ein. Die künstlerischen Interventionen fügen sich wie selbstverständlich in die Architektur ein. Ihre Aussagekraft vermag nicht nur in der Gegenwart identitätsstiftend zu wirken, sondern hat auch das Potential, zukünftig nichts an Aktualität zu verlieren und die Schule als einen Ort der reflektierenden Bildung und Entwicklung auszuzeichnen.“

Siegerprojekt: Zwei Bodensupplierungen


Ralo Mayer schlägt textbasierte Bodenarbeiten für die Gemeinschaftsflächen von Aula und Schulhof vor. Ausgangspunkt waren Aspekte von Zeitlichkeit und Veränderung, aber auch der Wunsch der Schulgemeinschaft, etwas Bestehendes in das neu sanierte Schulgebäude „mitzunehmen“. Für die Intervention in der Aula wird daher der alte, im Zuge des Umbaus abgebrochene Boden in Verbindung mit gefärbtem Zement für den neuen Terrazzobelag wiederverwendet. Erst über die Entzifferung der geometrisch angeordneten Symbole als Buchstaben werden die Worte ÜBERGESTERN und VORMORGEN erkennbar, es entsteht ein spielerischer Kommentar zur augenfälligen Geschichtlichkeit der Aula. Für das Spielfeld im Schulhof wird der Sportbelag blau eingefärbt. Auch hier erscheinen die ausgeführten Buchstaben zunächst als geometrische Formen, beim Blick von oben werden die Worte VERLERNEN LERNEN lesbar – sie thematisieren die Möglichkeit, in die Zukunft gewandt auf Veränderungen und damit einhergehende Ungewissheit zu reagieren.

Nouvelle Vague


Grundgedanke des Entwurfs waren Überlegungen zur Sichtbarmachung von Zeit – im Gegensatz zu räumlichen Strukturen bleibt diese abstrakt und ist nicht direkt fassbar. Nouvelle Vague greift die Idee der Interaktion zwischen Raum und Zeit auf. Dazu sollen schulrelevante Daten aus der Vergangenheit ausgewählt, deren Sonnenstände ermittelt und auf den Gebäudekomplex projiziert werden. Aus den sich daraus ergebenden Schattenwürfen wird eine abstrakte Lichtzeichnung erstellt, die sich in vier Interventionen am Gebäude ablesen lässt: Im Schulhof legt sich die Gestaltung in unterschiedlichen Materialitäten über Wände und Böden, in der Aula wird sie als Leuchtobjekt an der Decke und als Vorhang zum Musiksaal sichtbar und über Außen- und Hoffassade ragt ein Leuchtstab, der eine Referenz zu einer Sonnenuhr darstellt. An ihm kann über farbige LED-Felder auch die Zeit abgelesen werden.

ohne Titel


Die Arbeit besteht aus zwei Interventionen: Wellenpakete auf Glas „Sonic Curtains“ im Eingangsfoyer und das Spiel-Feld „circuitry“ im Schulhof. Die Glasflächen der Aula werden mittels Siebdruck und teils zart durchgefärbten Gläsern gestaltet. Die „Sonic Curtains“ zeigen an der Glaswand zum Musiksaal Intervalle und physikalische Beschaffenheit von Tönen, Frequenzen und Wellen. An der Glaswand zur Bibliothek greift die Motivik u.a. den Herzschlag als Referenz zu Sprache und Literatur auf. Weitere Glasgestaltungen akzentuieren allgemein genutzte Bereiche sowie den barrierefreien Nebeneingang. Die Bodenfläche im Hof wird als hybrides Spielfeld, definiert durch zwei Schaltkreise, gestaltet und thematisiert die scheinbar paradoxe Situation (Strom und Wasser), durch die die räumliche Erweiterung der Schule (Umspannwerk und Tröpferlbad als Voraussetzung für neue Bewegungsflächen) definiert ist.

Bits of the self


Vorgeschlagen wird ein künstlerisches Citizen Science Projekt. Es basiert auf einem partizipativen Prozess mit Schüler*innen, in dessen Rahmen diese sich mit Bodytracking Tools zum Thema Ernährung und Energie beschäftigen. Das Projekt soll die Jugendlichen einladen, sich mittels eigener Forschungsprojekte diese Technologien anzueignen und zu einem besseren Verständnis ihres Körpers anzuwenden, aber auch die diesen zugrundeliegenden Normen kritisch zu hinterfragen. Die im Rahmen des Projekts gestalteten kreativen und kritischen Datenvisualisierungen dienen als Grundlage für die Gestaltung der Glasflächen in der Aula. Auf einer Projektwebsite sollen die Recherchen im Rahmen des Projekts ausführlich dokumentiert werden. Außerdem wird anhand einer Auswahl von visuellem Material ein Tafelservice für das Schulbuffet gestaltet.

Dichtung


Vorgeschlagen wird ein Eingriff in die Architektur mit einfachen Mitteln, der sich auf die Glasflächen in der Aula sowie auf die lange Mauer im Schulhof konzentriert. Beide Bereiche werden mit Bitumen-Isolierfarbe malerisch behandelt. Das so entstehende schwarze Band auf der Schulhofmauer soll diese Grenze akzentuieren; im Innenbereich ergibt sich ein Sichtschutz, dessen schwarze Flächen in der Aula matt, in Musiksaal und Bibliothek hingegen spiegelnd erscheinen. Die Art des Anstrichs spielt auf das Schwarz von Schultafeln an, die Flächen können von den Schüler*innen auch genutzt und gestaltet werden. Der durch diese reduzierte Umsetzung im Projektbudget verbleibende Geldbetrag wird je zur Hälfte dem Musikunterricht und der Schulbibliothek zum Ankauf von Büchern, Instrumenten und Materialien zur Verfügung gestellt.

Niveau anheben


Das Konzept bezieht sich auf den architektonischen Entwurf, der die historisch unterschiedlichen Gebäudeteile auf einer durchgehenden Ebene verbindet. Der Titel der Arbeit spielt einerseits auf dieses architektonische Niveau an, kann im Kontext von Schule und Bildung aber auch anders gelesen werden. Die Arbeit zieht sich durch das gesamte Gebäude: An der Außenfassade soll das definierte ±0 Niveau als historischer Fassadenstreifen sichtbar gemacht werden. Die zweite Intervention ist eine Bearbeitung der Fenster im Erdgeschoss, über die sich ein weiterer durchgehender, diffus hellgrüner Streifen zieht. Dieser dient als Sichtschutz und erzeugt einen lichtdurchfluteten Raumeindruck. Der dritte Teil der Arbeit bespielt die Mauer im Schulhof. Deren Oberfläche wird mit einer stark glänzenden, signalgelben Farbe überzogen und schafft so eine klare abstrakte Geste, die auch an den Körper einer Wasserwaage erinnert.