Wettbewerb Universitätsbibliothek Graz


Siegerprojekt des am 07. Oktober 2016 jurierten, von der BIG geladenen Kunst & Bau-Wettbewerbs für den Neubau Universitätsplatz 3A / Universitätsbibliothek Graz ist das Projekt PERSPECTIVA PRACTICA von Anna Artaker.

Die Jury begründete die Entscheidung wie folgt: 
„Mit der malerischen Umsetzung einer Illustration zum perspektivischen Zeichnen aus der Renaissance fügt Anna Artaker der Untersicht des auskragenden Neubauteils der Universitätsbibliothek eine weitere und überraschend vielschichtige Dimension hinzu. Das historische Original ist ein Kupferstich. Diese ins Gigantische vergrößerte Zeichnung auf der Deckenuntersicht erzeugt durch die Perspektive eine starke räumliche Atmosphäre – eine Art Kuppelwirkung wird erzeugt. Inhaltlich schafft Artaker damit eine Verbindung von Perspektive und Wissenschaft und erinnert nebenbei an die Gründung der Karl-Franzens Universität im Jahr 1585.“

ohne Titel


Als Intervention an der den Vorplatz begrenzenden Blindfassade werden die Namen von 157 der wichtigsten österreichischen AutorInnen der Vergangenheit und Gegenwart als Buchstabenrelief an die Wand angebracht. Durch ihre vertikale Ausrichtung und Anordnung vermitteln sie den Eindruck von Buchrücken in einem (imaginären) Bücherregal. Zusätzlich schlägt Aballí die Abbildung eines großen, aufgeschlagenen Buches an der auskragenden Untersicht des Dachaufbaus vor. 

LOEWIS TRAUM


Grundlage des Entwurfs für die Blindfassade ist die Entdeckung des ersten Neurotransmitters durch Otto Loewi, der von 1909 bis 1938 an der Universität Graz forschte: die 26 Atome des Moleküls Acetylcholin – ohne das Lernvorgänge im Gehirn nicht möglich wären – werden von spiralförmigen Texten gebildet, die sich grafisch überlagern und räumlich verbinden. Es entsteht eine interferierende Wolke, zusammengesetzt aus 26 Texten von AutorInnen und WissenschaftlerInnen, die an der Universität Graz unterrichtet oder studiert haben. Die molekulare Textwolke changiert je nach Abstand der Betrachtung zwischen flächig und räumlich.

Non Multa Seed Multum


David Jourdan verweist in seinem Vorschlag auf Kategorien wie Einzigartigkeit und Vielfalt. Ausgehend vom Buch, das zwar eine Edition repräsentiert, dennoch im Archiv als Einzelausgabe gekennzeichnet ist, thematisiert er Fragen der Originalität und überträgt diese auf das Handwerk. Seine Arbeit besteht in der Realisierung von mehreren Exemplaren aus einer einzigen Vorlage: ausgehend vom 3D-Scan einer beliebigen Erdnuss werden drei stark vergrößerte Bronzeabgüsse als Skulpturen auf dem Universitätscampus platziert. Angesichts dieser identen Abgüsse desselben Modells erübrigt sich die Frage nach dem Original.

Sundial


Sowohl für die vertikale Blindfassade als auch für die Untersicht der Auskragung werden auf LED-Screens Videosequenzen mit farbenfrohen Landschafts-, Himmels- und Tiermotiven gezeigt. In den Filmen werden die 24 Stunden des Tages auf eine Abspieldauer von einer Stunde komprimiert; die Arbeit beinhaltet so auch einen zeitlichen Aspekt und macht den Wechsel von Tag und Nacht für die Studierenden erlebbar.

ohne Titel


Vorgeschlagen wird eine zweiteilige Arbeit. Auf Blindfassade und Untersicht sind Motive auf Aluminiumplatten aufgedruckt, wobei mehrere kreisrunde Flächen weiß ausgespart und  mit LED-Monitoren bestückt sind. Darauf werden interaktive Filme gezeigt: je mehr Personen die Universitätsbibliothek betreten, desto mehr Blumen blühen auf den Bildschirmen auf. Die Anzahl der sich im Gebäude befindenden Personen wird durch die Anzahl der Blumen dargestellt. Ein zweiter Vorschlag umfasst die Installation von großformatigen Kunstpflanzen im gläsernen Foyer der Universitätsbibliothek.

Ich habe Kopf- und Weltschmerz


Die Künstlerin entwirft für den Bibliotheksvorplatz ein Triptychon: auf der Untersicht des auskragenden Bauteils wird Art. 26 der Menschenrechtsdeklaration platziert, darunter am Boden der Stiegenanlage das Netzwerk aller wichtigen europäischen Zugverbindungen als System von Linien und Punkten aus Stahlknöpfen. Auf der Blindfassade ist, neben dem titelgebenden Zitat von Fernando Pessoa, im unteren Teil ein teils abstraktes, teils figuratives Werk (ausgehend von einer Karte der Stadt Graz) zu sehen, das in einem partizipatorischen Workshop an der Universität Graz entstehen soll.