Wettbewerb Biologiezentrum Universität Wien


Der US-amerikanische Künstler Mark Dion konnte am 07. Dezember 2018 den von der BIG geladenen Kunst & Bau-Wettbewerb für das neue Biologiezentrum der Universität Wien für sich entscheiden.

Die Jury begründete die Entscheidung wie folgt:
„Mark Dions Entwurf sieht vor, ein Vivarium, eine Art Schauterrarium in den Foyerbereich zu installieren, in das er einen Baumstamm transferiert, der im Zuge des Neubaus vom Baugrunds des Biologiezentrums St. Marx entfernt werden musste. Die Glasstruktur ist den Proportionen des Baumes und an die vorgegebene Architektur angepasst. Sie erlaubt den visuellen Zugang zu dem langsamen Prozess der Zersetzung und Transmutation des Baumes, der durch gleichbleibende klimatische Bedingungen extrem verzögert ist. Die Installation erzählt eine Geschichte, die auf mehreren Ebenen mit der Biologie, der Universität und dem Standort verbunden ist und die gleichzeitig in die Zukunft weist. Beeindruckend ist die Komplexität der Idee: das Bild des Vergehens und Werdens, die Darstellung des Kreislaufs der Natur auf unterschiedlichen Ebenen. Der Künstler schafft ein besonderes (totes, aber gleichzeitig lebendiges) Objekt, das sich in einer ständigen biologischen Transformation befindet und so zu einem Sinnbild für das Leben und den Zerfall gleichermaßen wird.“

Analogie


Biologie als Lehre des Lebens ist analog. Davon ausgehend konzipiert der Künstler für das Biologiezentrum ein mehrteiliges Deckengemälde. Die Darstellung und Replikation von Realität, besonders von Fundstücken aus der Natur, spielt in seiner Arbeit eine zentrale Rolle. In Anleh­nung an historische Deckengemälde und die Stoffmuster Josef Franks wird auf der gesamten Foyerdecke ein vorwiegend florales Muster affichiert. Es besteht aus 9 Motiven, die je 10x kopiert und naturalistisch, aber überdimensional groß auf der Fläche verteilt werden. Wesentlich ist die Ausführung per Hand, also analog – so wird jedes Teil des Musters zum Unikat, so wie auch in der Natur nichts dem anderen gleicht, einzelne Teile ähnlich aber nicht ident sind.

ohne Titel


Die Arbeit bezieht sich auf die Mikroskopie als eine der Biologie zugrundeliegende Technik. Der weitaus größte Teil lebendiger Organismen ist für das freie Auge unsichtbar. Das konkrete Projekt möchte die vielfältigen, faszinierenden und nur unter dem Mikroskop wahrnehmbaren Bildwelten zellulärer Strukturen sichtbar machen. Es besteht aus zwei Elementen: großformatige mikros­kopische Abbildungen auf der Glasfassade des Eingangsbereichs und Glaslinsen mit historischen Ansichten von Zellstrukturen auf den Betonstützen im Inneren des Foyers.

Cut Out


Der Entwurf konzentriert sich auf die pilzartigen Stützen im Foyer. An zwei von ihnen soll exemplarisch deren nicht sichtbare, tragende Struktur verdeutlicht werden: Transparenz als zentrale Aussage für das Bestreben, Wissen und Erkenntnis zu erlangen, sowie als Beispiel für das menschliche Eingreifen in einen übergeordneten Zusammenhang. Der so hergestellte Ein­blick zeigt getönte, transparente Lamellen, die radial an der tragenden Säule angeordnet sind. Vorgesehen sind zwei farbig polarisierende Varianten: eine grüne Tönung, die auf den Forschungs­gegenstand Biologie verweist und eine rosé-artige als Reminiszenz an die Vergangenheit des St. Marx-Areals als Schlachthof.

Das Wuchern von Geistervölkern


Ausgangspunkt des Entwurfs sind botanische Wandtafeln der vorletzten Jahrhundertwende sowie die wissenschaftliche Kunstform des Modells. Beide hatten den Zweck, darin zu schulen, wie man mithilfe von Bildern lernen kann, Pflanzen und andere Erscheinungen der Natur richtig zu betrachten. Ihnen lag ein stark künstlerisches Moment zugrunde. Aus den Wandtafeln werden einzelne Elemente entnommen und in einer von Grund auf künstlichen Form neu zusammen­gesetzt. Diese Form – eine „erfundene Fossilie“ – soll die Wahrnehmung von Vielschichtigkeiten und Paradoxen ermöglichen. Sie wird als Wandrelief ausgeführt und an der stirnseitigen Wand im Foyer angebracht.

Shale


Die Arbeit setzt einen künstlichen Hügel, eine Fossilienfundstätte, in das Eingangsfoyer. Sie fügt sich harmonisch in die vorhandene Architektur ein, sodass der Eindruck entsteht, das Biologie­zentrum wäre auf und rund um die Fundstätte errichtet worden. Aber obwohl sie auf den ersten Blick die Anmutung einer historischen Stätte macht, zeigen sich auf den zweiten Blick die Über­reste von Katzen, Hunden, Mäusen, Fröschen und anderen Tieren, die als medizinische und biologische Versuchstiere dienten und dienen. Die Arbeit bezieht sich auf die Rolle, die fossile Fundorte in unserem Verständnis der Erdgeschichte spielen und trifft gleichzeitig den Nerv der heutigen Zeit, indem es ein „Fake“ produziert und eine artifizielle Umgebung erzeugt.

Molecular Landscape


Die vorgeschlagenen Arbeiten sollen Ausgangspunkt einer gemeinsamen Auseinandersetzung mit der Architektur sein. „Concrete Garden“ zeigt ein skulpturales Setting, in dem ein Meter der Realität einem Mikron entspricht, und so die Umgebung in einen molekularen Maßstab trans­feriert wird. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit der „Cellular Vision“ und zeigt eine drei­dimensionale Repräsentation von Molekülen als „Bälle“ (alternativ „Scheiben“). Vermittelt wird eine Repräsentation der Welt in einer sich ständig bewegenden Form. Der dritte Vorschlag sieht eine begeh- und besitzbare Scheibe im Außenraum vor, die sich langsam dreht und das Herzstück – den „Zellkern“ – des Freiraums und des gesamten Komplexes bilden soll.