Julian Siffert


Als Ensemble ist eine Arbeit, die über die Geschichte ethnographischer Museen bezüglich ihrer Rolle bei der Kolonialisierung Afrikas reflektiert. Ausgangspunkt sind Musikinstrumente, die zwischen 1876 und 2007 in die Sub-Sahara-Afrika-Sammlung des Weltmuseums Wien gelangten. Instrumente, die aufgrund ihres Status als Archivobjekte in einem Museum nicht länger berührt oder gespielt werden können.

In einem Versuch, diese stummen Objekte produktiv zu machen, eignete ich mir die formale Struktur von John Cages Werk 4’33’’ aus dem Jahr 1952 an. Diese Komposition entstand für ein nicht näher definiertes Instrument bzw. eine Instrumentengruppe und gliedert sich in drei Sätze der Stille beliebiger Länge. Einerseits wollte ich erkunden, wie sowohl die Stille dieser Instrumente als auch die darin eingerahmten Hintergrundgeräusche des Depots die Formen der Abwesenheit klanglich markieren. Die Abwesenheit von Öffentlichsein im Depot, die Abwesenheit des Zugangs zum Depot selbst, sowie eine materielle Abwesenheit dieser Objekte aus ihrem ursprünglichen Kontext. Andererseits habe ich versucht, die offene Dauer des Stücks und seine drei Sätze zu nutzen, um über die Geschichte zu reflektieren, in die diese Objekte eingebettet sind. Ausgehend von vier miteinander verbundenen historischen Ereignissen – dem Beginn der ersten Welle der Errichtung ethnografischer Museen im Jahr 1849, dem Beginn der umfassenden Entkolonialisierung Afrikas im Jahr 1956, der Verabschiedung der UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker im Jahr 2007, die eine breite Diskussion über Fragen der Restitution auslöste, und dem aktuellen Jahr 2020 – leitet sich die Dauer der Sätze von der Anzahl der Jahre ab, die zwischen diesen Ereignissen liegen.

Als Ensemble besteht aus einer Partitur für das entstandene Stück, umfasst aber auch die Archivdokumentation der Instrumente und die Videodokumentation einer Aufführung des Stücks im Depot. Die Anfänge der drei Sätze werden durch das Schließen, ihr Ende durch das Öffnen der Regale angezeigt, in denen die Instrumente aufbewahrt werden. Damit wird das Schließen und Öffnen des Klavierdeckels durch David Tudor bei der Uraufführung von 4’33’’ wieder aufgenommen.