Im Rahmen von BIG ART hat die Künstlerin Anna Artaker kürzlich ihre 500 m² große Arbeit für die Universitätsbibliothek Graz fertig gestellt – gestern wurde sie feierlich eröffnet. PERSPECTIVA PRACTICA heißt das imposante Kunst & Bau-Projekt, das in alter Sgraffito-Technik hergestellt wurde.
Ein unerwarteter perspektivischer und gedanklicher Raum öffnet sich über dem Eingangsbereich zur Bibliothek – hier hat Anna Artaker im Dialog mit der neuen Architektur eine beeindruckende Verbindung von Wissenschaft und Kunst geschaffen, indem sie jahrhundertealtes Buchwissen mit den modernen Anforderungen an einen Bibliotheksbetrieb verknüpft.
Nach einführenden Worten von Peter Riedler (Vizerektor der Universität Graz), Maximilian Pammer (Leiter des Unternehmensbereichs Universitäten) und Günter Riegler (Kulturstadtrat der Stadt Graz) erläuterte Kunsthistorikerin Hannah Bruckmüller im Dialog mit der Künstlerin Anna Artaker die Idee zu PERSPECTIVA PRACTICA, das Motiv und die aufwendige Umsetzung in Sgraffitotechnik:
Für ihre flächenmäßig bisher größte Arbeit übertrug Anna Artaker einen Kupferstich aus der Renaissance zweihundertzwanzigfach vergrößert auf die Untersicht des Neubaus. Ausgangspunkt und Vorlage für ihre Arbeit war eine Illustration aus dem Lehrbuch des französischen Renaissance-Gelehrten Jean Du Breuil von 1642 mit dem Titel PERSPECTIVA PRACTICA. Damit verweist sie auf den Wissensstand zur Zeit der Gründung der Universität Graz 1585. Die große Fläche, die bearbeitet wurde, stellte eine besondere Herausforderung für die Ausführung in Sgraffito-Technik dar. Der Putz musste Stück für Stück aufgetragen und als Tagwerk im noch feuchten Zustand gleich im Anschluss gekratzt werden. An der Umsetzung arbeiteten gleichzeitig jeweils drei bis vier Personen über zehn Wochen hindurch.
Anna Artaker zu ihrem Kunst & Bau-Projekt: „Ich freue mich, mit meiner Arbeit zur gelungenen Erweiterung der Universitätsbibliothek auf dem Campus der Universität Graz beizutragen. Das Motiv stammt aus einem Lehrbuch zur praktischen Anwendung der Zentralperspektive. Es zeigt sechs Personen um eine Lichtquelle in einem zentralperspektivisch dargestellten Raum. Licht und Perspektive sind auch Metaphern, die häufig in Zusammenhang mit Wissensaneignung und Wissenschaft verwendet werden: Wissen eröffnet uns ’neue Perspektiven‘ auf die Welt, die uns umgibt. Die von der Entwicklung der Naturwissenschaften geprägte Zeit der Aufklärung – aus der die Vorlage stammt – wird oft direkt mit Licht in Verbindung gebracht. So schafft die perspektivische Darstellung die Illusion eines zusätzlichen Raums und weckt Assoziationen zum universitären Leben auf dem Campus.“
Da genau dieses Lehrbuch aber in den Beständen der Universitätsbibliothek Graz bislang noch fehlte, überreichte die Künstlerin zum Abschluss eine Faksimile-Ausgabe von „Perspectiva Practica“ an Vizerektor Peter Riedler – damit in Zukunft interessierte Studierende und BibliotheksbenutzerInnen die Vorlage für „ihr“ Kunstwerk jederzeit nachschlagen können.