Sissi Petutschnig


Loos ist tot. Prantl lebt. Die Skulptur wächst, ehemals aus Stein und transformiert in ein Muster, ziert sie nun Beton. Doch das Motiv ist kein Dekor, es ist Kritik an diesem Haus. Es befällt und bewuchert. Das Schneckenartige Gewächs hinterlässt keine Spuren. Es breitet sich aus. Es wächst und nimmt ein, pflanzt sich fort – ist doch Stein.

Ornamente existieren ausschließlich in der Fläche, brauchen einen Träger und sind keine Bilder. Sie bestehen aus Einzelteilen, die rapportfähig sind, sie können in allen Richtungen unendlich erweitert werden, jedoch folgen sie einer strengen Anordnung: Reihung, Spiegelung, Versetzung, Überlappung. Mo(nu)ment für die Ewigkeit stellt die Opposition zum Ornament dar, denn das scheinbar willkürliche Muster folgt keiner Logik und dient nicht zur Beschönigung der Baustruktur, sondern verweist auf den charakterlosen Purismus dieses Gebäudes der Universität für angewandte Kunst. Ebenso stellt es sich gegen die Thesen von Adolf Loos, der in seiner Schrift Ornament und Verbrechen (1908) das Ornament aus der modernen Gestaltung verbannt. Ihm zufolge zeigt dessen Anwendung die Rückständigkeit unserer Kultur, sowie die Verschwendung von Material und Arbeitszeit auf, da ihre Ästhetik verjähre. Es mache die Größe unserer Zeit aus, kein neues Ornament hervorzubringen. Als zeitgenössisches Bildornament behauptet diese Arbeit das Gegenteil. Sie basiert auf einer Steinskulptur von Karl Prantl von 1984-1990, die sich neben dem Juridicum Wien in der Helferstorferstraße befindet. Mittels Tape Art werden die formalen Charakteristika der Skulptur in die zweidimensionale Ebene transferiert. Prantl hat in Gesprächen immer wieder auf das hohe Alter seiner Steine verwiesen, sowie ihre „schöpferische Kraft“. Bis heute finden sie sich im Öffentlichen Raum und prägen ihre Umgebung. Der Stein als solches ist also zeitlos. Die geschwungene Interpretation von Prantls Werk bleibt dem Duktus des Künstlers treu – der Stein lebt. Wie aus einer anderen Sphäre, assoziativ eng verbunden mit Wesen aus dem All oder dem Meer, schlängelt er sich nun tentakelartig fort. 

„Ich kann mich über den gschnas im künstlerhaus freuen, weiß ich doch, daß er in wenigen tagen aufgestellt, in einem tage abgerissen wird.“ Loos’ Zitat kommt dieser Arbeit nahe, denn sie wird dem selben Schicksal folgen. Ein Werk konzipiert speziell für diesen kurzlebigen Anlass, für dieses Gebäude und diese Gegenwart. Aber die Kritik, die es übt, währt fort, und Prantls Stein bleibt ewig.