
Ich verstehe mich als Sammlerin von Dingen. Meine Sammlung hat einen bestimmten Schwerpunkt, aber ich besitze auch diverse nicht klassifizierte unerwartete Dinge. Ich war verärgert, als ich das Depot des Weltmuseums in Wien zum ersten Mal besuchte: ein Ort voller halbvergessener Objekte, die größtenteils unter umstrittenen Umständen in die Sammlung gelangt waren. Museen mit umfangreichen gestifteten Sammlungen verfügen in der Regel nicht über ausreichend finanzielle Mittel, um alle Objekte, die in ihren Depots schlummern, auch wirklich zu referenzieren. Einfacher ausgedrückt: Es gibt zu viele Stücke auszustellen und zu erforschen. Ich fand dies besonders bemerkenswert in Zeiten, in denen Restitution ein heißes Eisen für ethnologische Museen zu sein scheint.
Seitdem habe ich mich gefragt: Was hatte es für einen Sinn, all diese Gegenstände während der Hochphase der Kolonialismen zu horten? Welchen Sinn hat es, sie heute alle zu behalten? Ist es möglich, einige von ihnen loszulassen?
In jedem einzelnen Depot, das ich seither besucht habe, war meine Reaktion dieselbe. Ich habe über dieses Thema nachgedacht und Parallelen zu meinem Leben gefunden, da ich selbst eine leidenschaftliche Sammlerin bin.
Ich habe große Angst vor den 30.000 Schädeln, die in einem endlosen, versteckten Gang des Naturhistorischen Museums aufbewahrt werden, oder vor einem Raum voller oft nahezu identischer Speere im Weltmuseum, da ich mir vorstellen kann, dass ich eventuell irgendwann eine solche Ansammlung selbst aufbewahren muss. In den letzten vier Jahren habe ich in meiner künstlerischen Praxis mit Ton gearbeitet und sowohl Skulpturen als auch funktionale Objekte hergestellt. Dabei habe ich festgestellt, dass ich die Objekte beinahe eifersüchtig für mich behalte und sie nur zu Hause ausstelle. Meine Sammlung von Schalen stellt für mich eine besondere Quelle des Wissens dar: welche Art von Ton oder Glasur (Mischungen), welche Brennweise und -temperatur, welche Formveränderungen ich im Laufe der Zeit betrieben habe, usw. Bislang war ich nicht in der Lage, sie loszulassen. Auf einer emotionalen Ebene muss ich mich auf das Schlagwort von Aufräumguru Marie Kondo beziehen: „Lösen diese Dinge Freude Aus?“ Nein, und ich möchte sie auch nicht alle bewahren müssen. Es ist an der Zeit, den Staub von meinem privaten Depot zu wischen und den Schalen ein Eigenleben zu gestatten.